Wiesenbauwirtschaft (Rieselwiesen)

 

Da in früherer Zeit, für die Herstellung der für die Eisenverhüttung wichtige Holzkohle, im Siegerland keine Wälder gerodet werden durften, waren Heu-wiesen für die Futtergewinnung für das Vieh Mangelware. Aus diesem Grund wurden die wenigen Wiesen in den Tal-

gründen von den Siegerländer Bauern seit 1534 mittels eines komplexen Systems bewässert um sie durch die im Wasser enthaltenen düngenden Schweb-stoffe und Mineralien ertragreicher zu machen. Der große Futterbedarf des Viehs konnte im Sommer zwar durch die

Haubergsweide, die so genannte Hude, gedeckt werden; das Stallfutter für den Winter mussten dagegen die Wiesen liefern. Diese Rieselwiesen erinnern daran, welche Bedeutung der Wiesen-bau im Siegerland noch bis nach Ende des II. Weltkrieges hatte. Im Jahr 1534 wird die künstliche Wiesenbewässerung

erstmals urkundlich erwähnt. Die Wiesen wurden hauptsächlich von Mitte Oktober bis Ende November mit Wasser berie-selt. In dieser Zeit waren die Bäche und  Gräben reich an düngenden Schweb-stoffen und gelösten mineralischen Be-standteilen. Durch diese natürliche Form der Düngung konnte der nächstjährige

 

Heuertrag sowohl güte- als auch men-genmäßig um etwa ein Drittel des Nor-malertrags gesteigert werden. Die Be-rieselung im Frühjahr diente dazu, das Wachstum der Pflanzen durch Anfeuch-tung und Erwärmung des Bodens zu begünstigen. Durch die 1853 in Siegen gegründete Wiesenbauschule wurde der Siegerländer Wiesenbau schließlich sogar weltweit bekannt und angewandt. Mit zunehmender Industrialisierung hat die Zahl derer, die in der Landwirt-schaft tätig sind, ab Mitte des 20. Jahr-

hunderts kontinuierlich abgenommen. Damit verlor der Siegerländer Wiesen-bau an Bedeutung. Die in den Talauen liegenden den Wiesen wurden immer häufiger zur Industrie- und Gewerbean-siedlung genutzt. Mit der Einführung des Kunstdüngers und moderner Drai-nagetechniken geriet die alte Wiesen-baukunst im Laufe der Jahre fast voll-ständig in Vergessenheit. Immer noch antreffen kann man Streuobstwiesen. Diese erfüllen wichtige ökologische Funktionen.

 

 

Copyright 05/2004    Hans Peter Schneider