Eisenbahn und Viadukt

 

Die Budget-Kommission bewilligte in der Sitzung vom 30. März 1908 die Bahn Weidenau-Dillenburg. In dem Eisenbahnanleihe-gesetz wurde für den Bahnbau 19.059.000 Mark verlangt. Die Kunde wurde im Weißtale freudig aufgenommen. (aus der ev. Schulchronik von Lehrer Rudolf Jung)

 

Die Eisenbahn war vor Jahrzehnten noch eines der wichtigsten Beförderungsmittel für den Ort. Sei es im Personennahverkehr; sei es im Frachtverkehr. Wir wohnten damals (Mitte der 50er Jahre) auf dem Rödgen und hatten, um Fracht zu sparen 2 kleine Sofas bahnlagernd nach Niederdielfen bestellt. Mit einem großen Handwagen sind wir dann losgezogen und vom Berg in den Ort heruntergefahren, um die Ware abzuholen. Die Fahrt zurück gestaltete sich als überaus anstrengend, da wir nicht, die heute geteerte Serpentinenstraße, sondern, weil er kürzer ist, den Buchenweg benutzt haben. Das letzte Steilstück bis nach oben hätten wir bald nicht mehr geschafft. Wir waren vor Anstrengung fix und fertig. Die zwei Sofas waren uns, vielleicht auch aus diesem Grund, über viele Jahre hinweg lieb und teuer.

 

Das Eisenbahnviadukt, das in vielen Bögen das Tal überspannt, war sei-nerzeit (etwa 1912) ein beachtliches Bauwerk. Zwar fiel dem Bau eine An-zahl schöner Fachwerkhäuser zum Opfer, doch die neue Bahnlinie war

und ist von großer Bedeutung: Sie verband das Siegerland mit dem süd-lichen Raum. Mit den ersten Vermes-sungen begann man 1908, Zeichnun-gen wurden angefertigt und Versuchs-grabungen vorgenommen.

Um 1910 war der Blick frei, nachdem fünf Wohnhäuser dem Brückenbau weichen mussten und abgebrochen waren. Rechts: Ebenfalls 1910 aufge-nommen: Am Brückenbau beteiligte Arbeiter.

Sehr selten fotografisch fest gehalten: Das Viadukt während der Bauzeit.

Einige, deren Häuser nahe der Bahn-linie standen, erhielten von der Eisen-bahnverwaltung eine Entschädigung, damit sie ihre Häuser anstelle von Stroh, mit einem feuerfesten Dach decken konnten. Wegen möglichen Funkenfluges, war diese Maßnahme unumgänglich.

Im Jahr 1911 wurde mit etwa 200 Arbeitern mit den Vorbereitungen zum Brückenbau begonnen. Mit einem großen Bagger, einer Transportbahn und vielen Sprengungen, wurden die Gesteinsmassen bewegt.

 

 

1914

 

Kundgebung 1932 zum Tag der Nationalen Arbeit

498 Pfähle mussten in den Boden gerammt werden, um den Brücken-pfeilern ihren Halt zu geben. 1912 wurde das Bahnhofsgebäude gebaut. Im Frühjahr 1913 begann man dann mit dem Bau der eigentlichen Brücke. Die Arbeiten dauerten bis November.

Die Pfeiler und die Abdeckung der Brücke besteht aus 8400 cbm Beton. Das Ganze wurde mit hammerrechten Steinen verblendet. Die Kosten betru-gen 30.500 Mark. 1914 waren die Arbeiten, einschl. der Verlegung der Gleise beendet.

Am 30. November 1915 wurde die Bahnlinie offiziell mit einem ge-schmückten Bahnhof und mit einem Sonderzug nach Haiger und zurück eröffnet.

  13.06.1928

 

Noch am letzten Kriegstag des 2. Welt-krieges, als die Amerikaner schon im Anmarsch auf das Dorf waren, wollten letzte fanatische Kämpfer, das Viadukt sprengen. Am 30. März 1945 erhielten drei Soldaten der Wehrmacht noch den verrückten Befehl, alles strategisch wichtige unbrauchbar zu machen. Aber

der Sprengstoff fehlte. Sie wussten aber, dass in einem Stollen beim Weiß-talwerk noch Dynamit zu finden war und begab sich dorthin, es zu holen. Beson-nene Leute hatten jedoch Wind von der Sache bekommen und brachten die Sprengmittel rechtzeitig in Sicherheit.

Nun fuhren die drei Soldaten nach Me-schede und kehrten am Abend wieder nach Dielfen zurück. Dank der anwesen-den Amerikaner konnten Sie jedoch am Viadukt keinen Schaden mehr anrich-ten. Vor lauter Frust und Enttäuschung haben sie dann (nur) die Brücke über die Weiß am Ortsausgang Richtung Kaan

zerstört. Der Aufbau dieser kleinen Brücke (sie ist übrigens dieses Jahr komplett erneuert worden) gestaltete sich nach dem Krieg, da nur 'Alte' ver-fügbar waren, zu einer überaus lang-wierigen Angelegenheit. Deshalb heißt das Bauwerk heute noch bei den Älteren die 'Ewige Brücke'.

Wahrzeichen und zugleich ortsbildprägend ist das imposante, massive 7-bogige Eisenbahnviadukt. 

 

Die Eisenbahn als Verkehrsmittel von überragender Bedeutung hatte ein wich-tiges Kapitel wirtschaftlicher Bedeutung eingeleitet, sie wurde zur Grundlage der Industrialisierung. Es ist daher bedauer

 

lich, dass in der heutigen Zeit aus Kos-tengründen viele Bahnhöfe stillgelegt werden. Auch der Bahnhof Niederdielfen teilt dieses Schicksal. Am 22. Mai 1993 hielt hier zum letzten mal ein Zug.

 

 

 

 

 

Copyright 05/2004    Hans Peter Schneider